Diese unscheinbare Kamera aus massivem Metall gab dem
Team des Deutschen Kameramuseums einige Rätsel auf:
Nirgends ist außen ein Herstellername, irgendeine
Beschriftung außer für die Verschlusszeiten "T" und
"1/25" (Sekunde) zu erkennen, auch kein Kameraname. Nur
innen (Bild ganz unten) entdeckt man neben einigen
Zahlen die drei Buchstaben "IOR". Über Google findet man
im Internet dann doch einige Seiten, die mehr oder
minder schwammig von dieser Kamera oder ähnlichen
Apparaten berichten: Es handelt sich offenbar um ein
hierzulande äußerst selten vorkommendes Erzeugnis des
rumänischen Herstellers IOR (Bukarest) aus den
1950er/1960er Jahren. Höchstwahrscheinlich war bei
unserem Exemplar nur die Beschriftung rund ums Objektiv
verwittert und dann komplett beseitigt worden.
Die Kamera verwendet den
Rollfilm 120
und hat ein Negativformat von 4,5 x 5,5 cm im
Hochformat. Äußerlich gleicht sie der IOR Optior, später
gab es noch ein Modell namens Orizont, was aber eher die
rumänische Nachempfindung der DDR-Altix war. Hersteller
der Museums-Kamera war eine Firma namens
IOR Bucuresti (die Initialen bedeuten Rumänisches
Optisches Unternehmen). Das war ein berühmtes optisches
Unternehmen im Ostblock - womöglich das drittwichtigste
nach Carl Zeiss Jena und dem russischen KZM. So sollen
viele der VEB-Pentacon-Objektive in Bukarest hergestellt
und dann nach Ostdeutschland geschickt worden sein, um
so das begehrte „Made in Germany“-Siegel zu erhalten.
Das Unternehmen existiert noch heute - allerdings nur
noch mit einem Bruchteil seiner früheren Bedeutung - und
beschäftigt sich nur mit militärischer Spezialoptik.
Die Kamera wurde aufgrund einer Anweisung
hergestellt, die die Kommunistische Partei der
rumänischen Industrie auferlegte. Die Idee war, einfach
alles, eben auch Fotoapparate, lokal zu produzieren.
Aber mit der UdSSR als wichtigstem Wirtschaftspartner,
der mit seinen unzähligen Kameratypen den Markt
überschwemmte und der geringen Erfahrung, die IOR im
Kamerabau hatte, war das Ergebnis ein Flop: Angeblich
wurden weniger als 1.000 dieser Kameras hergestellt –
niemand wollte sie kaufen. Diese sind selbst in Rumänien
heute nur sehr schwer zu finden, wie ein rumänischer
Händler im Web berichtet: ein bis zwei von diesem Typ
bekommt er pro Jahr zu Gesicht. Fotos: Kurt Tauber |