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27.11.2003 
Ein Altenheim für Fotoapparate
Kurt Tauber plant ein Museum für seine 3000 Kameras

PEGNITZ Sie drängen sich in Regalen, stapeln sich in Kartons, nutzen schwer zugängliche Ecken in Wohnzimmerschränken als Lebensraum: Kurt Taubers Haus ist voll mit Fotoapparaten. Ein typischer Sammler möchte man meinen, der für seine Leidenschaft das letzte Hemd hergibt. Doch diese Sammlung ist anders.

Bild: Harald Mohr
Kurt Tauber vor einem kleinen Teil seiner Sammlung: Insgesamt nennt er fast 3000 Kameras sein Eigen.

"Ich sammle in die Breite", sagt der 52-Jährige, der schon als Siebenjähriger seine ersten Fotos gemacht und gleich selber entwickelt hat. Es geht ihm nicht um den Besitz möglichst seltener Stücke, sondern um die Erhaltung der vielen "tollen Ideen von tollen Ingenieuren", die all diese "wunderschönen Technik-Denkmäler" konstruiert haben.

Das Schönste dabei ist, dass er diesen Denkmälern nicht hinterherlaufen muss, sondern dass sie gerne zu ihm kommen. "Ich habe ein Kamera-Altenheim", sagt Tauber. In ein Altenheim geht man erst, wenn es nicht mehr anders geht, dann aber freiwillig. Neulich, erzählt er, war wieder eine ältere Dame da. Sie war früher Lehrerin und brachte einen "Siemens 2000"-Projektor vorbei, jenes Teil, das Generationen von Schülern mit legendären 16-Millimeter-FWU-Filmen wie "Die Zauneidechse" beglückt hat. Der Projektor ist Baujahr 1954 und sieht aus wie neu. Das ist typisch auch für die vielen Fotoapparate, die Tauber oft kistenweise für ein paar Euro bekommt. "Ich kann gar nicht so schnell auspacken."

Bild: Harald Mohr
Damit fotografierten die James Bonds im Kalten Krieg: Legendär die Minox-Agentenkamera vorne, weniger bekannt die russische Leica-Kopie hinten. Die Japaner fingen erst an: mit der "Homer" Kleinstbildkamera (rechts).

Ungefähr 3000 Fotoapparate hat er inzwischen, dazu viele Filmkameras und Zubehörteile. Die Geräte sind oft in edlen Ledertaschen verstaut, denn sie waren für die Ewigkeit und für Generationen gebaut. Verschlüsse klacken satt wie am ersten Tag, die Blendeneinstellung rastet sauber ein, Entfernungsringe gehen butterweich. "Nur der Belichtungsmesser ist meist hin." Der erste schüchterne Ansatz von Elektronik war es, der die Kamera technisch wertlos, da irreparabel machte.

Nur wenige Euro sind die meisten der Kameras heute wert, egal, was sie dereinst gekostet haben. Zu einem vernünftigen Preis verkaufen kann man den Stolz der Väter und Großväter nicht mehr, aber zum Wegwerfen sind sie den meisten zu schade. Also landen sie bei Sammlern wie Tauber. Etwa 22000 Modelle stehen im "Kadlubek", dem Standardwerk der Kamerasammler. Ein "Fotoapparat" war in den Fünfzigern und Sechzigern Inbegriff der neuen Freiheit und des scheinbar grenzenlos sich steigernden Wohlstandes, und den galt es im Bild festzuhalten. Der erste Urlaub in Bibione. Die erste Fahrt mit dem ersten Auto über den Großglockner. Der Bau des eigenen Hauses. Der Fotoapparat war mehr als nur Konsumgegenstand, er war ein rituelles Werkzeug, um die schöne neue Welt für immer festzuhalten. Viele Firmen vor allem in Deutschland konstruierten unentwegt neue Kameras, neben Legenden wie Leica, Zeiss Ikon oder Voigtländer auch kleine Familienbetriebe irgendwo in der Provinz. Damals hatte der Begriff "Made in Germany" Hochkonjunktur.

Bild: Harald Mohr
Auf Taubers Regalen ist kaum noch Platz für neue Käufe.

Tauber musste in letzter Zeit schon Angebote abweisen, wegen Platzmangel. Doch jetzt bricht Tauber in eine neue Sammler-Dimension auf. Südlich von Bayreuth soll demnächst ein Sammlermuseum gegründet werden, mit ewig viel Platz auch für Taubers Fotoapparate. Deswegen nimmt er jetzt fast alles an, was er kriegen kann. In der Garage steht schon ein komplettes Fotolabor aus den 30er Jahren und wartet auf den Umzug ins Museum.

Einen Traum hat Tauber noch: Ein vollständiges "Fotogeschäft" im Stil der 50er oder 60er Jahre. Da würde er dann im Museum alte Fotoapparate verkaufen. Und natürlich Filme, denn die Fotoapparate, die einst das Wirtschaftswunder dokumentiert haben, dürfen dann selbst fotografiert werden. Wer seine eigenen Fotoapparate demnächst vielleicht im Museum bewundern will, sollte Kontakt mit Kurt Tauber aufnehmen. Er hat übrigens eine der umfangreichsten Internet-Seiten Deutschlands zu diesem Thema. Auf www.kameramuseum.de sind etwa 1200 Kameras aus seiner Sammlung zu sehen. Dazu viele Links zu anderen Kamerafreunden, -vereinen und -museen. Wer noch keinen "neumodischen" Internet-Anschluss hat, kann auch gerne ganz altmodisch anrufen : 0 92 41/16 98.

Harald Mohr

 

Links zum Thema ins World Wide Web

Zur Website von Kurt Tauber

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