Stiftung Kameramuseum Kurt Tauber



Eine Daguerreotypie anno 2019

Michael Straßburger, Daguerreotypist in Leipzig, beschenkte Deutsches Kameramuseum


Diese Daguerreotypie (sichtbare Plattengröße: 8,5 x 13 cm) vermachte Michael Straßburger aus Leipzig der Stiftung Kameramuseum Kurt Tauber für das Deutsche Kameramuseum. Abgebildet ist der „Dianatempel“ im Schlosspark Lützschena (Leipzig). Aufgenommen wurde das Bild am 13. Februar 2019 (!) mit einer Plattenkamera Zeiss Ikon Orix 308 (10x15cm). Die Belichtungszeit betrug bei Blende 5,6 und bedecktem Himmel (EV 9,6) 8 Minuten.


Antike Fototechnik in der Jetzt-Zeit

 

Im April 2019

 

LEIPZIG/PLECH. Der Kontakt zu dem zeitgenössischen Leipziger Daguerreotypisten Michael Straßburger, der als einer von ganz wenigen deutschen Fotografen noch - beziehungsweise wieder - mit dieser Technik arbeitet, kam - wie sonst? - übers Internet zustande: Straßburger half bei der Einschätzung einer Daguerreotypie aus dem Plecher Museumsbestand, dann entwickelte sich eine Fachsimpelei per E-Mail und jetzt entschloss sich Straßburger, dem Deutschen Kameramuseum eine brandneue Becquerel-Daguerreotypie in den Sammlungsbestand zu stiften. Wie entstehen diese fotografischen Klassiker heute? Straßburger schreibt dazu:

 

 Die klassische Daguerreotypie

Die Daguerreotypie ist ein Fotografie-Verfahren des 19. Jahrhunderts. Es ist nach dem französischen Maler Louis Jacques Mandé Daguerre benannt, der es zwischen 1835 und 1839 entwickelt hat und mit dem die Geschichte der Fotografie begann. Die Daguerreotypie war schon bei ihrer Veröffentlichung ein voll praxistaugliches System.

 

Die Daguerreotypie ist eine Fotografie auf einer spiegelglatt polierten Metalloberfläche. Hierzu wurden in der Regel versilberte Kupferplatten verwendet. Das Verfahren lieferte von Anfang an gut nuancierte und fein strukturierte Bilder, die mit der Lupe betrachtet noch kleinste Details zeigen. Sie begründete dadurch bereits zu Beginn der Fotografiegeschichte einen hohen Standard, an dem sich alle späteren Verfahren messen lassen mussten. Schwächen des Verfahrens sind ein hohes Gesundheitsrisiko für den Fotografen (Umgang mit giftigen Quecksilberdämpfen) und eine seitenverkehrte Abbildung der aufgenommenen Motive.

 

Jede Daguerreotypie ist ein Unikat, das nicht ohne weiteres vervielfältigt werden kann, was allerdings seinerzeit ihre Wertschätzung eher erhöhte. Eine besondere und ganz charakteristische Einschränkung gibt es beim Betrachten der Bilder: Die Schattenpartien der Aufnahmen werden durch blankes Silber repräsentiert. Je nachdem, ob sich darin Licht oder Dunkelheit spiegelt, sieht man eine Daguerreotypie negativ oder positiv.
 

 Die Becquerel-Daguerreotypie (B-Dag)

Die heute übliche Becquerel-Daguerreotypie (B-Dag) unterscheidet sich bis auf die Entwicklung nicht von der Daguerreotypie, wie sie Daguerre 1839 der Öffentlichkeit präsentierte. Eine versilberte Kupferplatte wird über Joddämpfen lichtempfindlich gemacht, in einer Kamera belichtet, anschließend entwickelt und fixiert. Anstelle der Entwicklung mit Quecksilber werden B-Dags mit Hilfe von roten oder gelben Filtern im Sonnenlicht oder einer anderen starken Lichtquelle entwickelt.

 

Die Herstellung einer B-Dag ist daher weniger gefährlich für die Gesundheit, als die herkömmliche Entwicklung mit Quecksilberdämpfen. Alexandre Edmond Becquerel, nach welchem die Becquerel-Daguerreotypie benannt wurde, hat in Experimenten zwischen 1840 und 1843 festgestellt, dass sich sowohl Talbottypien als auch Daguerreotypien durch verschiedenfarbige Gläser entwickeln lassen, ganz ohne Verwendung von Chemikalien.

 

Bei seinen Versuchen stellte er fest, dass sich Daguerreotypien mit grünen, gelben und roten Gläsern als Filter entwickeln lassen. Die besten Ergebnisse erzielte er mit gelben und roten Glas. Die gängigste Methode der modernen Becquerel-Daguerreotypie ist die Verwendung von roten Filterfolien (Rubylyt).

 

Man befestigt eine solche Folie lichtdicht vor der Planfilmkassette, öffnet den Schieber und kann beobachten, wie sich innerhalb von Minuten das Bild auf der Platte entwickelt. Nach der Entwicklung, die bis zu zwei Stunden dauern kann, wird die Platte in einer gewöhnlichem Fixiersalzlösung fixiert, anschließend gründlich gewässert und getrocknet. Da die Bildoberfläche extrem empfindlich gegenüber Berührungen ist, muss die Daguerreotypie hinter Glas gegen Umwelteinflüsse jeglicher Art geschützt werden.

 

***

Wer noch weitere Fragen zu dieser besonderen Aufnahmetechnik hat oder sich

 für solche "modernen Klassiker" interessiert kann sich gerne per E-Mail wenden an:

 

 Michael Straßburger, Daguerreotypist aus Leipzig (Daguerreotypie.in.Leipzig@gmail.com)


Auf der Rückseite seiner sorgfältig luftdicht verlebten Becquerel-Daguerreotypie hat Michael Straßburger die Aufnahmedaten dokumentiert. Bild unten: Die Aufnahmesituation mit der Plattenkamera Zeiss Ikon Orix. Copyright/Fotos: Michael Straßburger

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