Im April 2019
LEIPZIG/PLECH. Der Kontakt
zu dem zeitgenössischen Leipziger Daguerreotypisten Michael Straßburger, der
als einer von ganz wenigen deutschen Fotografen noch - beziehungsweise wieder
- mit dieser Technik arbeitet, kam - wie sonst? - übers Internet zustande:
Straßburger half bei der Einschätzung einer Daguerreotypie aus dem Plecher
Museumsbestand, dann entwickelte sich eine Fachsimpelei per E-Mail und
jetzt entschloss sich Straßburger, dem Deutschen Kameramuseum eine brandneue
Becquerel-Daguerreotypie in den Sammlungsbestand zu stiften. Wie entstehen
diese fotografischen Klassiker heute? Straßburger schreibt dazu:
Die klassische Daguerreotypie
Die Daguerreotypie ist ein Fotografie-Verfahren des 19. Jahrhunderts. Es ist
nach dem französischen Maler Louis Jacques Mandé Daguerre benannt, der es
zwischen 1835 und 1839 entwickelt hat und mit dem die Geschichte der
Fotografie begann. Die Daguerreotypie war schon bei ihrer Veröffentlichung
ein voll praxistaugliches System.
Die Daguerreotypie ist eine Fotografie auf
einer spiegelglatt polierten Metalloberfläche. Hierzu wurden in der Regel
versilberte Kupferplatten verwendet. Das Verfahren lieferte von Anfang an
gut nuancierte und fein strukturierte Bilder, die mit der Lupe betrachtet
noch kleinste Details zeigen. Sie begründete dadurch bereits zu Beginn der
Fotografiegeschichte einen hohen Standard, an dem sich alle späteren
Verfahren messen lassen mussten. Schwächen des Verfahrens sind ein hohes
Gesundheitsrisiko für den Fotografen (Umgang mit giftigen
Quecksilberdämpfen) und eine seitenverkehrte Abbildung der aufgenommenen
Motive.
Jede Daguerreotypie ist ein Unikat, das nicht ohne weiteres
vervielfältigt werden kann, was allerdings seinerzeit ihre Wertschätzung
eher erhöhte. Eine besondere und ganz charakteristische Einschränkung gibt
es beim Betrachten der Bilder: Die Schattenpartien der Aufnahmen werden
durch blankes Silber repräsentiert. Je nachdem, ob sich darin Licht oder
Dunkelheit spiegelt, sieht man eine Daguerreotypie negativ oder positiv.
Die Becquerel-Daguerreotypie (B-Dag)
Die heute übliche Becquerel-Daguerreotypie (B-Dag) unterscheidet sich bis auf
die Entwicklung nicht von der Daguerreotypie, wie sie Daguerre 1839 der
Öffentlichkeit präsentierte. Eine versilberte Kupferplatte wird über
Joddämpfen lichtempfindlich gemacht, in einer Kamera belichtet, anschließend
entwickelt und fixiert. Anstelle der Entwicklung mit Quecksilber werden B-Dags mit Hilfe von roten oder gelben Filtern im Sonnenlicht oder einer
anderen starken Lichtquelle entwickelt.
Die Herstellung einer B-Dag ist
daher weniger gefährlich für die Gesundheit, als die herkömmliche
Entwicklung mit Quecksilberdämpfen. Alexandre Edmond Becquerel, nach welchem
die Becquerel-Daguerreotypie benannt wurde, hat in Experimenten zwischen
1840 und 1843 festgestellt, dass sich sowohl Talbottypien als auch
Daguerreotypien durch verschiedenfarbige Gläser entwickeln lassen, ganz ohne
Verwendung von Chemikalien.
Bei seinen Versuchen stellte er fest, dass sich
Daguerreotypien mit grünen, gelben und roten Gläsern als Filter entwickeln
lassen. Die besten Ergebnisse erzielte er mit gelben und roten Glas. Die
gängigste Methode der modernen Becquerel-Daguerreotypie ist die Verwendung
von roten Filterfolien (Rubylyt).
Man befestigt eine solche Folie lichtdicht
vor der Planfilmkassette, öffnet den Schieber und kann beobachten, wie sich
innerhalb von Minuten das Bild auf der Platte entwickelt. Nach der
Entwicklung, die bis zu zwei Stunden dauern kann, wird die Platte in einer
gewöhnlichem Fixiersalzlösung fixiert, anschließend gründlich gewässert und
getrocknet. Da die Bildoberfläche extrem empfindlich gegenüber Berührungen
ist, muss die Daguerreotypie hinter Glas gegen Umwelteinflüsse jeglicher
Art geschützt werden.
***
Wer noch weitere Fragen zu dieser besonderen Aufnahmetechnik hat oder sich
für solche "modernen Klassiker" interessiert kann sich gerne per E-Mail
wenden an:
Michael
Straßburger, Daguerreotypist aus Leipzig
(Daguerreotypie.in.Leipzig@gmail.com) |