Stiftung Kameramuseum Kurt Tauber



Hab' den Wagen voll geladen

Großteil der Sammlung Bernd Engelhardt wurden dem Plecher Kameramuseum anvertraut


Über zwei Tonnen Diaprojektoren und Kameras aus der früheren DDR "frei Haus"


Anja Engelhardt-Schäfer und ihr Ehemann Micha - unser Bild - brachten im Januar 2020 die über zwei Tonnen Photographica selbst mit einem bis unters Dach beladenen Hochdach-Sprinter von Stapelburg in Sachsen-Anhalt über eine Strecke von 367 Kilometer nach Plech ins Deutschen Kameramuseum. Foto: Kurt Tauber


Pretiosen aus Dresdner und Jenaer Vorkriegsproduktion

PLECH - Erwartet haben wir vom Deutschen Kameramuseum an einem Wochenende im Januar 2020 so um die 30 bis 50 seltene DDR-Diaprojektoren aus Magdeburg als Großspende für das Museum in Plech. Das Ehepaar Engelhardt-Schäfer beglückte uns dann aber mit einer Mega-Spende: ein Sprinter mit Hochdach, von vorn bis hinten beladen mit Kartons und Originalkoffern mit Diaprojektoren und anderen Photographica - schätzungsweise 200 Projektoren und mindestens genauso viel Film- und Fotokameras, überwiegend aus DDR-Herstellung und Dresdner oder Jenaer Vorkriegsproduktion.

Eine Wahnsinnsmenge, eine Wahnsinnsaufgabe für die nächsten Monate. Erst Anfang 2022 waren die letzten Kisten geöffnet, all diese Zugänge sortiert und in die Bestandsliste aufgenommen.

 

 Riesige Privatsammlung

Die Neuzugänge, die die Bestände aus DDR-Produktion auffüllten, stammen aus der riesigen Sammlung von Bernd Alfred Engelhardt aus Stapelburg. Er wurde 1951 in Beichlingen (Thüringen) geboren und zog mit seinen Eltern im Kindesalter nach Stapelburg ins heutige Sachsen-Anhalt, wo er bis zu seinem Tode lebte. Hier besuchte er die Polytechnische Oberschule und erlernte danach den Beruf eines Malers. 1970 heiratete er eine Kindergärtnerin aus Stapelburg und bekam mit ihr zwei Töchter, geboren 1969 und 1973, Ivonne und Anja.

 

 Dunkelkammer im Keller


Kurz danach begann er die ersten Kameras zu sammeln. Es waren zunächst Exas aus der DDR. Regale wurden gebaut und im Keller entstand eine Dunkelkammer. Vorrangig sammelte er in dieser Zeit Fotoapparate, restaurierte und archivierte sie. Mit einer tschechischen Schmalfilmkamera begann er in den 1980er Jahren seine Urlaubserlebnisse mit der Familie zu filmen.

1986 nahm er an einem Amateurfilmwettbewerb in Magdeburg mit einem selbstgedrehten Trickfilm teil sowie einem Film über ein Schlachtfest in Stapelburg. Alle Bilder für den Trickfilm zeichnete er selbst und untermalte diesen auch mit einer Tonsequenz. Für beide Filme bekam er Urkunden und einen Sonderpreis.


Nach der Wende 1989 sammelte er eifrig Diaprojektoren und Kameras, besuchte das Kameramuseum in Dresden und hatte zu diesem Zeitpunkt schon mehr Geräte zu Hause als dort ausgestellt standen. Er beschäftigte sich auch viel mit Dias und kaufte alles, was angeboten wurde.

 

 Eigenes Museum

Im neugebauten Haus bekamen Mitte der 1990er Jahre die Projektoren und die Zubehörteile gesonderte Räume und Engelhardt richtete sich auch hier eine Profiwerkstatt ein, um Reparaturen durchzuführen. Er kaufte viel im Internet und auf Flohmärkten und stand auch selbst mit der ganzen Familie mit seinen Doppelt- und Dreifachausführungen der Geräte als Verkäufer auf diesen Märkten. Das Fotografieren und Filmen rückte immer mehr in den Hintergrund. Das Sammeln war seine ganze Leidenschaft: Es war ein kleines Museum entstanden.


Im Juli 2015 starb Bernd Engelhardt plötzlich und hinterließ seiner Ehefrau und seinen Kindern etwa 500 Kameras, 300 Diaprojektoren, 100 Filmvorführgeräte, Klein- und Großkinogeräte, Plattenkameras, einen Raum voller Ersatzteile sowie kaum zählbare Dias.



2017 bis 2019 bemühte man sich, die gesamte Sammlung an bekannte Händler, an Museen in Dresden und Berlin abzugeben. Sogar eine Bewerbung beim Fernsehen für den „Trödeltrupp“ wurde abgegeben. Alle Bemühungen waren erfolglos. So wurden nach und nach die wertvollsten und wichtigsten Stücke verkauft, die Sammlung als Gesamtwerk war damit allerdings zerstört.

 

 "Erbe hier gut aufgehoben"

Im Januar 2020 fuhr ein Mercedes Sprinter mit Hochdach, gefüllt bis unter die Decke mit insgesamt über zwei Tonnen Gerätschaften von Stapelburg in Sachsen-Anhalt 367 Kilometer nach Plech zum Deutschen Kameramuseum. Hier angekommen, zweifelte die jüngste Tochter von Bernd Engelhardt immer noch, ob das, was sie hier im Auftrag der ganzen Familie machte, tatsächlich im Sinne Ihres Vaters gewesen wäre: nämlich all diese Sammlerstücke zu spenden. Doch als sie beim Ausladen und Sichten der Projektoren das Staunen und Raunen und die Freude der Museumsbetreiber sah, war sich Anja Engelhardt-Schäfer sicher: „Hier wird das Erbe von Bernd Engelhardt gut aufgehoben sein“.



Die Hälfte der angelieferten Projektoren wurde gleich im Museum verstaut, die andere Hälfte und Hunderte von Foto- und Filmkameras fand in der 300 Meter entfernten Garage von Museumsleiter Kurt Tauber - Bild oben - eine vorläufige Bleibe bis die Neuzugänge nach und nach ins Museum geschafft, sortiert, katalogisiert, fotografiert und in die Sammlung integriert werden konnten.

 

 Bestände endlich aufgelistet

Das war eine Arbeit von insgesamt über einem Jahr, wobei Wolfgang Schanderl aus Nürnberg, einer der engagierten Aktiven im Förderverein Deutsches Kameramuseum, Sonntag um Sonntag und viele Wochen Urlaub im Museum zubrachte, um mit Freunden und Kollegen den Gesamtbestand der Dia- und Filmprojektoren aus drei Depots im Museum zu sichten, zu sortieren und „erkennungsdienstlich zu behandeln“. Heraus kam die erste verlässliche Übersicht über die Bestände auf diesem Sammelgebiet: eine Fleißarbeit mit fein säuberlich aufgelisteten, sorgfältig beschriebenen und fotografierten Exponaten - über 800 (!) verschiedene Diaprojektoren und Laternae Magicae.



Wenn die gegenwärtig im Hintergrund laufende Neugestaltung des Internetauftritts „Deutsches Kameramuseum“ abgeschlossen sein wird, dann kann man alle diese Schätze auf der Homepage auch recherchieren - mit allen technischen Daten und vielen Fotos.


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