"Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Freunde des Deutschen Kameramuseums!
Mit der heute
beginnenden Ausstellung habe ich mir einen jahrelangen Wunsch erfüllt:
einmal die Fotos von Till Mayer in aller Ruhe aus der Nähe und in
einem ordentlichen Format studieren zu können, eintauchen zu können in
seine Welt, die er uns in so packenden Aufnahmen nahe bringt, wie wir
es von den besten Klassikern der Reportagefotografie kennen.
Till Mayer pflegt für mich noch eine Art des
Journalismus, für den ich als Redakteur und Fotograf ein ganzes
Berufsleben, immerhin 40 Jahre, gestanden habe: sich selbst ein Bild
machen, eigene Texte erstellen, dazu möglichst eigene Fotografien.
Das ist – Gott sei’s
geklagt – heutzutage offenbar etwas aus der Mode gekommen. Moderne
Journalisten, wie sie sich in den Redaktionen breit machen, beziehen
ihr Wissen von Wikipedia oder ergoogeln sich ihre Infos, lassen
Leserreporter für sich knipsen und laden die Weisheiten anderer von
Facebook herunter.
Statt wie wir früher
auch nachts zu Bränden und Verkehrsunfällen zu fahren, um uns ein
eigenes Bild - im wahrsten Sinne des Wortes – zu verschaffen, bedient
man sich heute der knipsenden Feuerwehrleute, gerne stellt man im
Internet zum unredigierten Polizeibericht ein sogenanntes Symbolfoto
dazu. Und das hat natürlich kein bezahlter oder gar festangestellter Fotograf gemacht, sondern
es stammt von einer Agentur.
Und so nimmt es kein
Wunder, dass in allen Zeitungen das gleiche steht.
Till Mayer bewundere
ich für seine Arbeit, weil er noch die klassische Herangehensweise
verkörpert. Und weil er nicht auf Sensationsjournalismus aus ist,
sondern dann kommt, wenn das Interesse der Kriegsberichterstatter
erloschen ist. Till will den Alltag in den Krisengebieten erforschen
und dokumentieren. Er zeigt die Menschen hinter den Zahlen und Fakten.
Und er bleibt am Ball. Verfolgt seine Themen über Jahre hinweg. Till
Mayer steht sozusagen für nachhaltigen Journalismus.
So war es nur eine
Frage der Zeit, dass wir ihn hier im Deutschen Kameramuseum würdigen.
Und natürlich war es auch nicht ungeschickt von Till Mayer, mich, der
ihn in den Achtziger Jahren zum Journalismus gebracht hatte, seit bald
30 Jahren mündlich, fernmündlich und schriftlich beharrlich als
seinen „Meister“ anzureden. Da musste ich ihn ja irgendwann
einladen!
Ich erinnere mich
noch gerne an den Tag Ende der Achtziger Jahre, als er in der noch
neuen Pegnitzer Redaktion des Nordbayerischen Kuriers mit einigen
Gesinnungsgenossen in Uniform hereinplatzte. Es waren aber keine
Sympathisanten der Wehrsportgruppe Hoffmann, sondern Pfadfinder um
einen 16-jährigen, unverschämt gut aussehenden jungen Mann, der mich
so erfolgreich zutextete, dass ich zusammen mit den Pegnitzer Pfadis
eine Hilfsaktion zum Bäumepflanzen in Afrika in unserer Lokalzeitung
propagierte.
Die Bäume wurden in
Afrika gepflanzt und in Till Mayer das Pflänzchen namens Journalismus,
das stetig wuchs und gedieh. Till wurde freier Mitarbeiter, besuchte
Versammlungen der Kaninchenzüchter, trieb sich in Gemeinderäten herum
und bald stand sein Berufswunsch fest. Sein Volontariat konnte er
leider nicht beim KURIER antreten, sondern musste zu einer
Nachbarzeitung ausweichen. Aber, und das ist das Schöne an meiner
Freundschaft mit Till Mayer, wir haben uns nie aus den Augen verloren.
Unbeirrt
davon, dass ich nie kommen konnte, lud er mich zu seinen
Ausstellungseröffnungen und Buchvorstellungen ein und besuchte mich ab
und an zuhause oder in der Redaktion. Und sei es nur, um mir meine
lebensgroße Pappfigur von Marilyn Monroe abzuluchsen, in die wir beide
irgendwie verknallt waren.
Diese Treue zu einem
alten Lehrmeister ist umso wohltuender als mich viele andere aus der
„Tauber’schen Kaderschmiede“ offenbar längst vergessen haben oder mir
allenfalls einmal im Jahr über Facebook zum Geburtstag gratulieren.
Zur Vorbereitung dieser Till-Mayer-Ausstellung habe ich mal so
überschlagen, mit wie vielen Volontären ich bei drei Zeitungen in fünf
Redaktionen zu tun hatte und bin auf mindestens 150 gekommen, dazu
noch einmal so viele Praktikanten.
Ich bin schon ein
wenig stolz darauf, dass ich doch einigen jungen Leuten etwas
beibringen konnte oder sie gar erst in diesen Beruf gebracht habe (was
ich übrigens heute nicht mehr empfehlen könnte). Manche sind heute
selbst wohlbestallte Redaktionsleiter oder geschätzte Kollegen beim
Rundfunk und beim Fernsehen. Der eine oder andere Volontär von damals
hat Karriere bei Springer gemacht und – „Was erlauben Strunz?“ – hat
heute eine eigene Talkshow im Fernsehen.
Eine Volontärin hat
mich damals so mit ihrer Art und ihrem Engagement beeindruckt, dass
ich meine Tochter nach ihr getauft habe. Aus der damaligen Volontärin
wurde inzwischen eine deutsche Diplomatin und Botschafterin in
Osteuropa, zeitweise war sie Vorsitzende der Kommission für
Frauenrechte der UNO in New York.
Einem anderen
Volontär, der in der Redaktion immer Filzpantoffeln trug, musste ich
nach wenigen Wochen allerdings mitteilen, dass seine Begabungen doch
auf anderen Feldern lägen – wo auch immer. Er wurde später
Botschaftssekretär in Afrika.
Und da war dann eben
dieser ungeschliffene Diamant Till Mayer, inzwischen ein funkelnder
Edelstein der Zunft, ein gestandener Reporter mit 43 Jahren, der jetzt
aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz plaudern und Ihnen dann in
der Galerie im Treppenhaus seine Arbeiten vorstellen wird.
Mein Ex-Redaktionskollege Klaus Altmann-Dangelat hätte jetzt wieder
gesagt: „Opa hat wieder vom Krieg erzählt“. Ich hoffe dennoch, dass
Sie sich nicht allzu sehr gelangweilt haben. Danke für Ihre Geduld…"
Kurt Tauber
|