PLECH/VILNIUS. Als am Dienstag, 29. November
2016, zur besten Sendezeit ab 20.15 Uhr der SAT.1-Kriminalfilm „Jack the Ripper“
über die bundesdeutschen Mattscheiben flimmerte, dann achteten
einige bestimmte Fernsehzuschauer nicht so sehr auf die
zahlreichen Gruseleffekte des Historienschinkens oder die
hübschen Frauen, die sich von dem berühmt-berüchtigten
Londoner Verbrecher anlocken und grausam umbringen ließen.
Den Plecher Museumsleiter Kurt Tauber, Event-Manager Jens
Werlein, Fördervereinsvorsitzenden Karlheinz Escher
und ihre Mitstreiter interessierten viel mehr die eher
unbeweglichen, aber für den Film unentbehrlichen
„Statisten“, die für die zeitgemäße „Location“ des Jahres
1888 sorgen:
Tauber & Co. hatten fast nur Augen für die Kameras,
Vergrößerungsgeräte und Laborartikel aus „ihrem“ Museum, die sie von April bis Juni
2016 den
Fernsehleuten für die Dreharbeiten in Vilnius (Litauen)
ausgeliehen hatten
(auf den nächsten Seiten sind übrigens einige der "stummen
Statisten" abgebildet). |
Die als „das große
SAT.1-TV-Event“ vom Sender heftig beworbene Produktion hat
nämlich eine abenteuerliche Entstehungsgeschichte hinter sich,
in der das Deutsche Kameramuseum in Plech (an der A 9 zwischen
Nürnberg und Bayreuth gelegen) eine bedeutende Rolle spielt.
Der
freischaffende Produktionsdesigner Pierre Pfundt war im Frühjahr
für die Produktionsfirma Pantaleon auf der Suche nach passenden
fotografischen Requisiten für den im London des Jahres 1888
spielenden Film über den berühmtesten englischen Serienkiller.
Pantaleon Films (Produzenten: Matthias Schweighöfer und andere
- "Vaterfreuden", "Der geilste Tag") realisierte mit "Jack the
Ripper" in Koproduktion mit Fireworks Entertainment (Produzent
Marian Redmann - "1 1/2 Ritter", "Die Brücke") erstmals einen
Event-Film für das TV, bei dem Sebastian Niemann ("Hui Buh das
Schlossgespenst", "Das Jesus-Video") Regie führte.
Fündig wurde
Requisiten-Scout Pfundt nicht bei den großen Museen des Landes,
sondern nach einem Telefonat mit Museumsleiter Kurt Tauber in
dem fränkischen 1300-Seelen-Dorf Plech.
Das im Dezember 2011, also ziemlich genau fünf Jahre zuvor, eröffnete
Deutsche Kameramuseum in Plech gehört deutschland-,
wenn nicht europaweit zu den größten und wichtigsten
Einrichtungen auf diesem Sektor, was Fachzeitschriften und
Besucher immer wieder bestätigen. 2014 wurde das Museum mit dem
Förderpreis des Kulturpreises des Landkreises Bayreuth
ausgezeichnet.
Und immer wieder stellt das Deutsche Kameramuseum seine Schätze für
Film- und Fernsehaufnahmen leihweise zur Verfügung. Im April
2016 kam
also Requisiteur Pierre Pfundt mit einem Kleintransporter aus
Köln angefahren und bediente sich, beraten von den
Museumshelfern Tauber und Jens Werlein, im Plecher Fundus.
Als er einige Stunden später Richtung Berlin zum Zwischenlager
weiterfuhr, wo die Requisiten für den in Litauen zu erstellenden
Film gesammelt wurden, hatte er diverse antike Studiokameras,
Stative, Vergrößerer Messingobjektive, Laterna Magicas,
Laborflaschen, Entwicklerschalen, Dunkelkammerleuchten,
Fotoplattenständer, Beleuchtungseinrichtungen, eine
Daguerreotypie, Stereobetrachtungsgeräte, Papierschneiden,
Retuschiergestelle und andere typische Utensilien für ein
antikes Fotostudio und das passende Negativ- und Positivlabor
eingeladen - insgesamt weit mehr als 50 Teile von der zehn
Zentimeter kleinen Laborzange bis zum zwei Meter großen
Holzgestell eines uralten Homrich-Vergrößerers.
Im Juni kamen alle diese Teile, sorgfältig verpackt und absolut
unbeschädigt, nach einer insgesamt fast 3.000 Kilometer langen Reise aus
der litauischen Hauptstadt Vilnius zurück, wo die Filmleute die
passenden und dazu preiswerten Locations und Kulissen für
ihren „Londoner Kriminalfilm“ gefunden hatten. Dass sich das
Vertrauen der Museumsmacher in die Kollegen vom Fernsehen auch
für die Kasse des Fördervereins Deutsches Kameramuseum in Plech
e.V. auszahlte, war ein durchaus wichtiger und lukrativer
Nebeneffekt der Ausleihe.
Viel wichtiger aber ist den Plecher
Museumsmachern, dass sie mit dieser durchaus anstrengenden und
aufwendigen Aktion wieder einmal die Kompetenz ihrer Einrichtung
eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben.
Schließlich haben die
Plecher nicht zum ersten Mal große Produktionen mit ihrem Know
How und ihren Geräten unterstützt.
SAT.1 widmete dem Serienkiller, der nie gefasst wurde, am
Dienstag, 29. November 2016, einen ganzen Abend mit dem
Spielfilm um 20.15 Uhr und einer Dokumentation um 22.25
Uhr.
Hier geht es zur Story des Films
Beispiele
für unsere Exponate, die im Film auftauchen