Juni/September
2014: Zwei Workshops Großformatfotografie |
Urteil
eines begeisterten Teilnehmers:
„Ein
sensationelles Wochenende“ |
Die Entschleunigung
des Fotografierens
Die
Workshops Großbildfotografie versetzten die Teilnehmer in
die Zeit vor 100 Jahren |
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PLECH.
Hoch zufriedene, um nicht zu sagen hellauf begeisterte
Teilnehmer, ein überglücklicher Kursleiter, jede Menge
gelungener Schwarzweißaufnahmen, unwiederbringliche Farbfotos
von der Outdoor-Location des Wochenendes, der Geisterstadt
Kansas City im derzeit geschlossenen Fränkischen Wunderland in
Plech, und die Gewissheit, das Deutsche Kameramuseum mit diesem
Zusatzangebot noch bekannter zu machen und weitere
Alleinstellungsmerkmale aufzubauen – das ist die Bilanz des
ersten Workshops im Plecher Museum. Wo sonst haben Fotoamateure
jemals die Gelegenheit, mit einer 115 Jahre alten Studiokamera
aus Urgroßvaters Zeiten Porträts zu fotografieren oder sich mit
so einem Prachtstück auf 25 x 25 Zentimeter Negativgröße selbst
ablichten zu lassen? Fazit des erfahrenen Amateurfotografen
Stefan Lorenz (kleines Bild links oben) aus München: „Ein sensationelles Wochenende“. Und die Plecher Museumsmacher haben für
heuer noch einige Pfeile im Köcher oder, um es fotografisch
auszudrücken, einige Spezialfilme im Fotokoffer.
Kursleiter
Jens Werlein (Bild rechts), hauptberuflich Dozent an der Hochschule für
Gestaltung Schwäbisch Gmünd und seit einigen Monaten auch
Mitglied im Förderverein Kameramuseum in Plech e.V., hat den
Putzmittelraum im Kameramuseum mit einfachsten Mitteln in ein
voll funktionsfähiges Fotolabor umgewandelt, eine moderne
Rotlichtleuchte fand sich ebenfalls im Depot, und vor allem war
die Auswahl an geeigneten antiken Fotoapparaten schon sehr
komfortabel.
Die Teilnehmer des dreitägigen Workshops
Großbildfotografie bekamen nach der theoretischen Einführung und
den ersten – übrigens auf Anhieb gelungenen – Porträtaufnahmen
im improvisierten Fotostudio im Museum jeweils eine alte 9 x
12-cm-Plattenkamera in die Hand gedrückt und es ging in das in
dieser Saison geschlossene Fränkische Wunderland, wo die
Geisterstadt Kansas City als exklusive Location für das
Outdoor-Shooting zur Verfügung stand.
Und da zeigte
sich schnell, dass das Fotografieren mit alten Kameras ohne
Sucher (nur mit Mattscheibe), ohne Scharfstell- und
Belichtungsautomatiken, doch eine andere Herangehensweise
erfordert als das heute übliche unbekümmerte Knipsen mit Iphone
oder Digitalkamera, die dem Fotografen schließlich alle
technischen Probleme lösen bevor er sie überhaupt wahrnimmt.
Und
ebenso schnell erwies sich auch, dass die Entschleunigung des
Fotografierens durch die bewusste Gestaltung einzelner Aufnahmen
sehr befriedigend ist. Man erstellt eben nicht serienweise
belanglose Schnappschüsse („Wird schon was Brauchbares dabei
sein…“), sondern komponiert wohlüberlegte Unikate, kleine
Kunstwerke. Wie dieses Schwarzweiß-Porträt Ines Baldisseras, das
von Stefan Lorenz stammt:
Klassisch:
ein Porträt mit einer über 115 Jahre alten Studiokamera im
Negativformat 25 x 25
cm. So gut kann
der erste Schuss mit einem antiken Fotoapparat gelingen. |
Interessanter
Vergleich: links die Schwarzweiß-Aufnahme aus der
Plattenkamera, rechts ein
Digitalfoto aus
einer heutigen Kompaktkamera.
Diese Gegenüberstellung vergrößern.
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Während bei
den Bildern, die im Museums-Studio entstanden, die technische
Kontrolle (Belichtung, Schärfe) schon nach wenigen Minuten
Dunkelkammerarbeit möglich war, wurden die Workshop-Teilnehmer
beim Fotografieren im Westernpark schwer auf die Geduldsprobe
gestellt: Erst Stunden nach den Aufnahmen, nach der Rückkehr ins
Museum am Spätnachmittag,
konnten die Negative entwickelt und
begutachtet werden.
Das
war dann auch der Sinn des Workshops: Sorgfältiges Planen der
Aufnahmen – übrigens auf preiswertem Fotopapier statt auf teuren
Planfilmen – gründliche technische Vorbereitung vom exakten
Positionieren auf dem Stativ über die penible
Schärfeeinstellung per Mattscheibe unter dem berühmten schwarzen
Fotografentuch bis zur vorher eingeübten „händischen“
Langzeitbelichtung mit dem Drahtauslöser („Einundzwanzig,
zweiundzwanzig…“):
Fotografieren
pur, wie zu Urgroßvaters Zeiten. Man erahnt, warum der
Fotografenberuf früher einmal eine Meisterprüfung erforderte…
Einen Meisterbrief konnten die
Workshop-Teilnehmer zwar nicht aus Franken mit nach Hause
nehmen, aber ein Zertifikat (rechts) dokumentiert, dass sie bei
der denkwürdigen Workshop-Premiere in Plech aktiv und
erfolgreich dabei waren.
Ines Baldissera,
diesmal nicht hinter der Kamera, sondern als Fotomodell
davor. Oder besser
gesagt: dazwischen.
Nämlich zwischen der Linhof Cardan Color (hinten links) und
der Falz &
Werner (rechts),
der Reprokamera Baujahr 1928. |
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